Begegnung mit seltener Schönheit

Tulipa sylvestris – Wildtulpe bzw. Weinbergtulpe – unaufdringlicher Neophyt mit Schutzstatus

Der Mensch hat ZIGtausende Tulpensorten gezüchtet – aus reinem Kommerz, weil man mit billigen Zucht- und Importsorten viel Geld verdienen kann. Den meisten Verbrauchern ist es egal, woher der Blumenstrauß auf dem Tisch stammt, unter welchen Bedingungen die Blumen produziert wurden. Ein Strauß erfreut halt das Herz!

Als Kontrast dazu schenkt uns die Natur EINE einzige Wildtulpen-Art (wohlgemerkt keine Sorte!): Tulipa sylvestris. Der Namensgeber bezeichnete sie wissenschaftlich als Wald-Tulpe (sylvestris = Wald). Auf Deutsch wird sie Wilde Tulpe oder Weinbergtulpe genannt – sie ist hierzulande fast nur in extensiv bewirtschafteten Weinbergen oder am Rande alter Gärten zu finden. Nur dort, wo die Bodenbearbeitung schonend ist, kann sie sich halten.

Die wilde Weinberg-Tulpe ist zwar ein Neophyt, hat aber unter den Einwanderern eine Sonderstellung: Denn sie wurde sehr früh, nämlich bereits Mitte des 16. Jahrhunderts, als Zierpflanze aus Nordafrika / Südeuropa nach Europa und somit auch Deutschland eingeführt. Es kam, wie es kommen musste, wie es heute auch überall zu sehen ist – die Gartenblume verwilderte mit der Zeit. Als nicht invasive Art konnte sie sich im Laufe der Jahrhunderte zwar in ganz Europa ausbreiten – sogar während des 30jährigen Krieges, den sie hier miterlebte – war aber stets selten und immer nur lokal an sehr wenigen Standorten anzutreffen. Heute gibt es noch einige wenige Vorkommen in der Pfalz, vorwiegend in der Südpfalz. Dort wo sie steht, weiß man: Hier ist der Boden zwar nährstoffreich, wird aber schonend bewirtschaftet. Auf Standorten, die regelmäßig mit dem Totalherbizit Glyphosat behandelt werden, fehlt sie logischerweise – wie alle anderen heimischen Wildkräuter auch.

Da sich diese Tulpenart bereits so lange und so unaufdringlich in die heimische Flora eingegliedert hat und selten ist, hat sie unter dem Bundesnaturschutzgesetz den Status „besonders geschützt” und wird als Rote-Liste-Art geführt. Deutschlandweit scheint ihr Bestand nicht gefährdet zu sein, regional zum Teil jedoch sehr. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel ist ihr Bestand sehr selten und langsam rückläufig – Status „stark gefährdet”.

Das ist kein Appell, sich auf den Schutz von “Alt-Neophyten” zu konzentrieren – im Gegenteil: Wir müssen uns viel mehr um unsere heimischen Arten Sorgen machen und diese schützen, vor allen Dingen die auf mageren Böden vorkommen. Denn nährstoffarme Böden (früher eher Standard) werden immer seltener – durch Überdüngung, die auch indirekt über die Luft stattfindet. Dennoch darf man dankbar sein für eine Begegnung mit Tulipa sylvestris, die bei uns in Deutschland schon viel gesehen und erlebt hat. Diese gelbe Schönheit mit den wunderschönen Blütenblättern lässt das Herz höher schlagen …