Naturwiese anlegen

Strotzende Artenvielfalt auf kleinster Fläche

Jeder kann etwas für die heimische Artenvielfalt tun – selbst als Mieter und mitten in der Stadt. Voraussetzung ist mindestens ein winziges Stück Garten, über das man verfügen kann. Jede noch so kleine Fläche ist ein „Trittstein“ für unsere heimische Fauna und Flora. Eine Wiese ist ohne großen Aufwand angelegt und pflegeleichter als jede andere Gartenfläche. Klassische Gärten bestehen im Durchschnitt zu mindestens 90% aus exotischen und gezüchteten Pflanzen und Stauden.

Selbst wenn es sich um bewusst angelegte Blühflächen handelt, haben diese keinen Wert für die Natur, weil es sich oft um Blumenbeete handelt, die keinen Wiesencharakter haben und fast immer aus Zuchtpflanzen / Exoten von Gärtnereien bestehen. In Deutschland gibt es gerade mal ein Dutzend Gärtnereibetriebe, die neben Exoten auch einige heimische Wildpflanzen und -sträucher haben. Für die Anlage einer Wildwiese braucht man keine Pflanzen, sondern nur Saatgut!

Fünf Bedingungen für eine optimal gelungene Aussaat:

  1. Die Aussaat sollte im Spätsommer bzw. Frühherbst stattfinden. Feuchte, kühle Nächte begünstigen die Keimung und beschleunigen die Besiedlung.
  2. Die Arten in der Saatgutmischung müssen auf den Bodentyp und die charakteristischen Standortbedingungen abgestimmt sein (Lichtexposition, Bodenfeuchte, Nährstoffverfügbarkeit etc.).
  3. Der Boden muss für die Aussaat vorbereitet sein: Ideal wäre ein von jeglichem Bewuchs befreiter Boden, egal ob heimisch oder exotisch. Invasive Neophyten sollten besonders gründlich entfernt werden. Sollen bestehende Pflanzen auf der Fläche bleiben, darf diese nicht dicht bewachsen sein.
    Je sorgfältiger Pflanzen und Wurzeln entfernt wurden, desto besser und ungestörter kann sich die neu ausgesäte Lebensgemeinschaft entwickeln. Sollte die Fläche gefräst werden, ist zu beachten, dass viele Wurzeln dabei zerkleinert werden, aus denen sich dann neue Pflanzen entwickeln können (das ist z.B. bei Gräsern und Ampfer der Fall) – dann kommt das Fräsen unter Umständen einer Vermehrung des alten Pflanzenbestandes gleich.
  4. Es empfiehlt sich, vor der Aussaat die Fläche in gleich große Segmente und das gut gemischte Saatgut in ebenso viele Portionen aufzuteilen. So ist eine einigermaßen gleichmäßige Aussaat gewährleistet.
  5. Das Saatgut muss lichtexponiert auf dem Boden liegen, darf also nicht zugedeckt sein bzw. werden. Guter Bodenkontakt ist wichtig – ideal ist dafür eine initiale, sehr leichte Beregnung nach der Aussaat (alternativ ginge auch finales Walzen).
Mitte Oktober 2023 (Aussaat)Juli 2024

Entwicklung nach Aussaat einer auf die Standortbedingungen abgestimmten Saatgutmischung. Nach der Aussaat ist der Füllstoff (Holzspäne) zu sehen – die Samen sind unsichtbar, auch für Vögel.

Wer meint, es komme nur darauf an, dass es blüht, irrt sich gewaltig. Denn ein großer Anteil heimischer Insekten benötigt heimische Pflanzen, um sich fortzupflanzen. Warum das so ist, wird im nächsten Absatz erklärt.

Die gezeigten Entwicklungsstadien sind nur ein kleiner Auszug und natürlich auch jahreszeitabhängig. Das Aussehen einer Wiese verändert sich aber nicht nur innerhalb der Jahreszeiten sehr stark, sondern auch im Laufe der Jahre. Gerade in den ersten zehn Jahren nach dem Anlegen sieht eine Wildwiese jedes Jahr zumindest etwas anders aus! Veränderungen über die Jahre nennt man Sukzession. Das ist normal, weil sich die Natur grundsätzlich organisch, also allmählich, entwickelt.

Nach der Aussaat keimt zum Beispiel nicht jede Art sofort, sondern manchmal erst Wochen oder Monate später. Ganz sicher erblühen auch nicht alle Arten einer Saatgutmischung – dafür gesellen sich fast immer auch Arten dazu, die von außen eingetragen werden oder schon im Boden waren und erst durch die Entfernung der alten Vegetation oder die allmähliche Ausmagerung des Bodens zum Zuge kommen.

Natur und Artenvielfalt

ein komplexes Miteinander

Die Natur entwickelte sich in einem Zeitraum von Milliarden von Jahren. Die Ökosysteme der Erde, wie wir sie kennen, haben eine Entstehungsgeschichte von mehreren Hundert Millionen Jahren hinter sich, in der sich eine mit dem menschlichen Geist nicht erfassbare Artenfülle entwickelte. Allein die letzten Anpassungen aufgrund von klimatischen Veränderungen erfolgten in Zeiträumen von mehreren Tausend bis Hunderttausenden von Jahren.

Um die Natur und Artenvielfalt besser zu verstehen, hilft es, von der egozentrischen menschlichen Denkweise Abstand zu nehmen. Denn wir sind nicht repräsentativ! Vom Menschen gibt es weltweit nur noch eine einzige Art (Homo sapiens), innerhalb dieser gibt es also keine Reproduktionsgrenzen. Homo sapiens ist genetisch außerordentlich begnadet optimiert und zwar zu allererst für die Fortbewegung, auch  über sehr weite Strecken, sowie für die Erschließung von Lebensräumen. Als Gewohnheitstier ist er außerdem extrem anpassungsfähig. Aber leider neigt er sehr zur Bequemlichkeit, bedingt durch den hohen Energieverbrauch und Wärmebedarf des Gehirns. Von sämtlichen Pflanzen und Tieren unterscheidet den Menschen:

  • er kann völlig naturfern leben und bildet sich dadurch ein, dass er die Natur nicht braucht
  • er kann sich sämtliche Lebensräume erschließen und sich bewusst bzw. frei entscheiden, wo und wie er leben will
  • sein Bewusstsein überdeckt natürliche Überlebensinstinkte vollständig – das wird ihm zum Verhängnis (Gier und Machttrieb, systematische Selbstzerstörung)

Warum benötigen „unsere“ Insekten heimische Arten zur Reproduktion?

Die gesamte Flora und Fauna, jede einzelne Art, hat sich entsprechend der Lebensbedingungen (s.u.) bzw. Lebensräume stets in Gemeinschaft und permanenter Wechselwirkung (Koevolution) mit vielen anderen Arten entwickelt, kann sich aber nur innerhalb ihrer Art fortpflanzen. Aufgrund der Nähe fremder Pflanzen- und Tierarten über evolutive Zeiträume haben oftmals Anpassungen stattgefunden, die genetisch fixiert wurden und sich dann so auswirken, dass z.B. Insektenarten eine oder wenige definierte Pflanzen- oder Tierarten benötigen, mit Hilfe derer sie ihren Fortbestand sichern können.

Gemeinschaften von vielen Arten auf einer Fläche nennt man im Kleinen tatsächlich Lebensgemeinschaften bzw. Biotope – innerhalb eines bestimmten, geographisch definierbaren Lebensraumes fasst man diese zu Ökosystemen zusammen. Jede einzelne Art benötigt bestimmte Bedingungen – in der Summe als ökologische Nische bezeichnet, um zu leben und sich erhalten zu können.

Ökosysteme bzw. Lebensräume mit natürlichen Lebensgemeinschaften müssen eine entsprechend große Strukturvielfalt aufweisen, damit die Anzahl der Arten komplex und stabil bleiben kann. Aufgrund der unterschiedlichen Strukturen und Lebensbedingungen innerhalb eines Ökosystems gibt es dort meist diverse Lebensräume, Lebensgemeinschaften bzw. Biotope. Alle bieten unterschiedliche Bedingungen zum Leben, abhängig von vielen Faktoren, z.B. Kleinklima, Bodenart / -struktur, Geologie, Licht, Gefälle, Temperatur, Feuchtigkeit, Nährstoffverfügbarkeit, Wechsel bzw. Stabilität der Bedingungen, menschliche Einflüsse u.s.w.. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um Landflächen, Gewässer oder gemischte Lebensräume handelt.

Menschliche Einflüsse auf die Natur

Die Natur ist auf der ganzen Welt zahllosen menschlichen Einflüssen ausgesetzt, darunter durchaus positive, die für die Artenvielfalt und Stabilität von Ökosystemen förderlich sind, z.B. Aufwertung von Naturschutzflächen und Artenschutzmaßnahmen (oftmals sind das „Reparaturmaßnahmen“ durch ehrenamtliche Mitglieder von Naturschutzverbänden), extensive Wiesenbewirtschaftung, Wässerwiesen und Regeneration lebensfeindlicher Regionen. Leider dominieren die eher gravierenden Störungen durch (Über)-Nutzung, hohe Mobilität und technischen Fortschritt, u.a. durch Landwirtschaft, Bautätigkeit, Versiegelung, Einschleppen von fremden Pflanzen- oder Tierarten. Außerdem ist der Mensch bestens vertraut mit der kompletten Vernichtung ganzer Ökosysteme.

Für Gärten als potentieller Lebensraum seien zwei konkrete schädigende Auswirkungen erwähnt:

Die mit Abstand größte, dominierende Schadwirkung wird verursacht durch natur- und lebensfeindliche Gartengestaltungen, die künstlichen Designaspekten, autistischen Ordnungsprinzipien und dem Drang nach exotischen Arten folgen unter kompletter Ignoranz natürlicher Lebensräume und Bedürfnisse heimischer Tier- und Pflanzenarten.
Die Hauskatze ist aufgrund des stetig wachsenden Bestandes mit gewisser Dunkelziffer ein zusätzlicher Störfaktor. Haltung und Bestandsentwicklung unterliegen keinerlei Kontrollen bzw. Auflagen. Mittlerweile leben ca. 16 Mio. Hauskatzen in Deutschland in mindestens jedem vierten Haushalt, von denen fast die Hälfte mehr als eine Katze besitzt. Der Anteil an sog. Freigängern und weitgehend wild lebenden Katzen (Bauernhöfe und ländliche Siedlungsbereiche) ist beträchtlich. Als gezähmte Raubtiere mit hohem Aktionsradius patrouillieren sie Tag und Nacht durch den gesamten menschlichen Siedlungsraum und haben somit nennenswerten Einfluss auf Artenbestand und Population von Kleinsäugern, Vögeln, Amphibien, Eidechsen und die seltenen Bilche.

Fazit: Naturnahe Gartengestaltung kann neue Lebensräume und Biotope schaffen und dadurch gefährdete Pflanzen- und Tierarten schützen.

Mahd der Wildwiese

Ohne Mahd würde eine einst artenreiche Wildwiese der natürlichen Sukzession unterliegen. Je höher die Vegetation wird, desto mehr ist sie Wind, Regen und Schwerkraft ausgesetzt, bis schließlich, spätestens in der zweiten Jahreshälfte, alles flach liegt und Fäulnis auftritt. In der Folge reduziert sich schnell die Anzahl der Pflanzenarten. Es würde keine zwei Jahre dauern, bis sich die ersten Sträucher ansiedeln und schließlich auch Baumarten, die mit der Zeit in die Höhe wachsen. Bleiben menschliche Eingriffe langfristig aus, nimmt die Strukturvielfalt bald wieder zu und damit die Anzahl der Arten, bis schließlich ein Waldstück entsteht. In Mitteleuropa ist der stabile Endzustand der natürlichen Sukzession ein artenreicher, von der Rotbuche dominierter Mischwald.

Um eine Wildwiese als Lebensraum zu erhalten, genügt eigentlich eine einzige Mahd pro Jahr – bezogen auf die Gesamtfläche. Maximal zwei Mahden sind erforderlich. Bei häufigerer Mahd der gesamten Fläche kann man nicht mehr von einer Wildwiese sprechen.

Wichtige Prinzipien für eine möglichst schonende Wiesen-Mahd:

  • Mähen per Hand mit Sense – so bleiben alle Insekten am Leben
  • Wiesenfläche in zwei bis vier Segmente aufteilen, von denen im Abstand von mindestens vier Wochen stets nur eine Teilfläche gemäht wird – so können alle tierischen Besiedler der Wiese durchgehend auf der Fläche verbleiben

Fördere aktiv die Artenvielfalt!

mit Saatgutmischungen heimischer, regionaler Arten!

Du möchtest etwas für die heimische Artenvielfalt tun und regional passende Wildkräuter, Gräser und Wildstauden aussäen? Gemäß der Standortbeschreibung stellen wir das Saatgut darauf passend zusammen! Wir bestellen bei qualifizierten Produzenten von Regio-Saatgut.

Die Saatgutmischungen eignen sich für Randstreifen und Brachflächen auf landwirtschaftlichen Flächen sowie für etablierte und neu entstandene private Flächen, die maximal einer geringen Nutzung unterliegen. Jede Bodenart und das gesamte Spektrum von feucht bis trocken sowie sonnenexponiert bis schattig kann bedient werden. Eine kleine Portion „Mut zur Lücke“ gehört manchmal dazu – die Natur erledigt oft den Rest nach Neuanlage oder Aufwertung einer Wildwiese. Wichtig ist natürlich die richtige Behandlung der Fläche nach der Aussaat.

Die Saatgutmenge wird auf den Bedarf abgestimmt und standardmäßig mit Füllstoff ergänzt, um eine gleichmäßige Verteilung beim Aussäen zu erleichtern. Die Abgabe erfolgt zum Selbstkostenpreis, der auch von der Fläche abhängig ist (ca. 1,50 EUR pro Quadratmeter).

Bitte beachte: Saatgutmischungen vom nicht spezialisierten Handel (Baumärkte, Supermärkte, Discounter) – meist typisch deklariert mit  laienhaften Titeln wie „Bienenweide“, „Blühmischung“ etc. – enthalten meistens kein heimisches und erst recht kein regionales Saatgut mit 100% heimischen Wildarten. Solche Produkte schaden eher der Natur!

Ansprechpartner

Dominic Menzler, Dipl.-Biologe
e-mail „ät“ naturewins.de

Unverbindliche Saatgut-Anfrage

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